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around the corner – die Zeichen scheinen klar

„Wenn man aber sagt: wie soll ich
wissen, was er meint, ich sehe ja nur
seine Zeichen, so sage ich: Wie soll er
wissen, was er meint, er hat ja auch nur
seine Zeichen.“ (Ludwig Wittgenstein)

Die Zeichen scheinen klar. Die Arbeiten von Stephanie Abben sind unübersehbar, geordnet, direkt und dennoch unvermittelt wirklich unwirklich. Was ist passiert in unserer Wahrnehmung? Ist nur der Spaß daran verlorengegangen Vergangenes wieder in die Wirklichkeit zu holen? Vielleicht ist es nur die Ruhe und der innere Zusammenhalt, die den Bildern ihre eigene Magie schenkt und ein Stendal hervorzaubert, das im Spannungsfeld von Vergangenem und Gegenwärtigem lebt. Diese Zeitmischung macht ihre eigenen Gesetze. Der Blick für das Verlorene, vielleicht auch Vergessene, wo sich Natur wieder durchsetzt in der Stadt, ist ihr nicht abhanden gekommen. Als ich die Bilder zum ersten Mal sah, kam mir der Begriff Akrobatik in den Sinn. Das Jonglieren und Zusammenfügen von Dingen, die scheinbar gar nicht zusammengehören und die eher verhaltene Farbpalette erfordern ein besonderes Feingefühl für das zu haltende Gleichgewicht. Harmonisch ist alles an seinem Platz und man kann sich leicht vorstellen, dass es auch genau so ist oder gewesen sein könnte. Für das „Gaswerk“, das sich auf dem Gelände der Rathenower Straße 1 befand, wird kurzerhand eine Landschaft geschaffen, die diesen Grundsätzen folgt. Damit wird gleichwohl eine Illusion aufgebaut, der man erliegt und die auch nicht so leicht zu zerstören ist. Es geht keinesfalls paradiesisch zu in ihren Bildern und dennoch vermitteln sie Zuversicht über den Lauf der Dinge. Dem menschenleeren, dem Verfall preisgegebenen „Haus am See“ ist soviel gestaltete Sympathie mitgegeben, dass es schwer fällt, an der Echtheit der Situation zu zweifeln. Das Spiel mit der Perspektive suggeriert Weite der Landschaft und gleichwohl den Eindruck, man sei ‚nah dran‘ an den Dingen. Die Stellung zur Natur ist in den Bildern deutlich. Es wird klar, was sie wert ist, wenn sie vorhanden, aber auch wenn sie uns abhanden gekommen ist. Stephanie Abben kommt dem Betrachter somit entgegen, ohne ihn bevormunden zu wollen. Den Freiraum für eigenes Zutun, sich einzulassen, bieten ihre Bilder allemal oder fordern es sogar geradezu heraus. Stephanie Abben hat sich gut umgesehen in Stendal und die Stadt für sich und ihre Art, den Dingen auf den Grund zu gehen, entdeckt. Sie macht mit ihren Bildern Lust, die Stadt wieder neu zu erleben.

Hans-Jörg Rozynek, 2013