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Zur Serie „Haiyan“ von Stephanie Abben

Die 2014 entstandene Serie gibt durch den Titel das Thema vor. Es geht um die Auswirkungen des schlimmsten tropischen Wirbelsturms, der je dokumentiert wurde. Abbens Malereien lösen sich jedoch von dem großen Unglück und werden zu allgemeingültigen Sinnbildern einer Naturkatastrophe. Paradigmatisch verdichtet sie in ihren Arbeiten die Stimmung des Danach, indem sie verlassene, geisterhafte Orte und zerstörte, ruinenhafte Architektur zeigt. Es sind keine Abbilder des Ereignisses, sondern fiktiv komponierte Zeugnisse. Die Darstellungen evozieren ein Gefühl der Ungewissheit. Die Behausungen sind offenkundig nicht mehr nutzbar und drohen im nächsten Moment zu kollabieren. Aber wo sind die Menschen, die sie einst bewohnten? Es scheint, als gäbe es keine Stabilität, keinen Halt. Wie ein Sog aus Farbe werden ganze Häuser optisch in die Tiefe gerissen. Und doch, ein unbeschadeterer, rosafarbener Sonnenschirm steht am Strand, in einer anderen Szenerie hängt Wäsche auf einer Leine. Ein Zeichen für einen Neubeginn, ein Hoffnungsschimmer oder entmenschte Endzeit? In einem grotesken Spiel mit Form und Farbe werden die Realitätsverhältnisse aufgelöst. Gleich den Bauten wurde die Natur durch die Urgewalt entwurzelt. Abben malt Bilder des Chaos, in dem Natur und Urbanes, Spuren menschlichen Lebens, zu verschmelzen scheinen. Gleichzeitig verschwindet Gegenstand und wird zur puren Essenz der Malerei, nämlich Farbe auf Leinwand. Es sind abstrakte Elemente in den Bildern, Farbflächen, die ineinander verzahnt sind und ineinander fließen. Sie werden zu Oasen der Ruhe. In dem Auftaktbild der Serie ist der Sturm noch regelrecht spürbar, zarte, biegsame Äste tänzeln im Wind. Japanisch muten sie an, wie Details aus einem Bild von Katsushika Hokusai, dem Meister der gemalten Naturereignisse. Einen Hinweis der Verortung gibt es dann doch in Abbens Zyklus, die wehende Flagge in Blau, Weiß, Rot mit dem gelben Stern verweist auf die Philippinen, nun zum Synonym für die Hilflosigkeit des Menschen gegen die Urgewalten der Natur geworden.

Dr. Sandra Abend, 2014